Asset Deal
Gesellschaften, die Unternehmen kaufen, haben mehrere Möglichkeiten. Eine Variante: der Asset Deal. Was bedeutet der Begriff? Welche Vorteile hat das Vorgehen? Welche Auswirkungen ergeben sich in der Praxis?
Was ist ein Asset Deal?
Der Begriff Asset Deal bezeichnet eine Art des Unternehmenskaufs. Die Besonderheit liegt darin, dass Wirtschaftsgüter (Assets) wie Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen, Rechte, Patente und Vorräte einzeln erworben und auf den Käufer übertragen werden. Nicht übertragbar sind hingegen Vermögensgegenstände, die den Gesellschaftern gehören und in der Gesellschaft verwendet werden. Hierbei kann es sich beispielsweise um betrieblich genutzte Grundstücke handeln, die sich jedoch im privaten Besitz eines Gesellschafters befinden.
Anders als beim Share Deal werden beim Asset Deal keine Unternehmensanteile erworben. Vielmehr existiert eine Wahlmöglichkeit, welche Assets gekauft bzw. verkauft werden sollen. Möglich ist es zudem, mit der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter auch einen Betriebsübergang durchzuführen. In diesem Fall gehen die bestehenden Arbeitsverhältnisse ebenfalls auf den Käufer über. Am Ende des „Ausverkaufs“ bleibt nur noch die Gesellschaft als leere Hülle übrig.
Asset Deal: Beweggründe, Vorteile und Nachteile
Der Kauf von einzelnen Wirtschaftsgütern ist mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden. So muss jeder zu verkaufende Vermögenswert separat in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Zudem ist eine genaue Beschreibung der betroffenen Assets erforderlich, da diese eindeutig bestimmbar sein müssen. Bezeichnungen, Standorte und Werte können beispielsweise mithilfe von Inventarverzeichnissen und teils auch aus Bilanzen ermittelt werden. In komplexen Szenarien besteht das Risiko, den Überblick zu verlieren. Schwierig gestaltet sich darüber hinaus die Bewertung immaterieller Vermögenswerte (z. B. Marken, Patente, Know-how, Firmennamen).
Für den Erwerber kann es sich dennoch lohnen, diesen hohen Aufwand zu betreiben. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Der wesentliche Vorteil des Asset Deals liegt darin, dass der Käufer jeden Kaufgegenstand einzeln auswählen und vorab auch begutachten kann. Weiterhin sind folgende Faktoren als vorteilhaft zu werten:
- Geringeres Risiko als beim „Komplettkauf“ eines Unternehmens (minimierte Haftungsrisiken)
- Vermeidung versteckter Verbindlichkeiten
- Kein Kauf einer Mantelgesellschaft
- Kosten können Grossteils verrechnet und abgesetzt werden
- Bei bereits eingetretener Insolvenz: keine Haftung für Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitnehmern
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Muss ein Asset Deal nach IFRS 3 bilanziert werden?
Bei IFRS 3 (International Financial Reporting Standard 3) handelt es sich um einen internationalen Standard, der die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen regelt. So besagt IFRS 3 im Allgemeinen, dass sowohl übernommene Vermögenswerte als auch übernommene Schulden mit ihrem Zeitwert zum Kaufzeitpunkt in der Bilanz angesetzt werden müssen.
Wenn ein Käufer ein anderes Unternehmen (oder wesentliche Teile davon) über einen Asset Deal erwirbt und sich daraus eine Mutter-Tochter-Beziehung (Beherrschung) ergibt, muss IFRS 3 im Einzel- und Konzernabschluss angewandt werden.
Welche Rolle spielt der Asset Deal bei Immobilien?
Wie eingangs erwähnt, können im Rahmen des Asset Deals auch Immobilien einzeln erworben werden. Dies erfolgt über einen notariellen Kaufvertrag. Auch wird der Erwerb in das Grundbuch eingetragen. Zu beachten ist, dass hierbei Grunderwerbssteuer anfällt. Wichtig ist es ausserdem, zwischen den Parteien einige Regelungen zu treffen:
- Wer ist für Gewährleistungen zuständig?
- Welche Nutzungen und Lasten gehen auf den Käufer über?
- Sollen bestehende Verträge (Mietverträge, Leasingverträge, Abnahmeverträge) übernommen werden?
Asset Deal bei (drohenden) Insolvenzverfahren
Besondere Bedeutung hat der Unternehmenskauf via Asset Deal bei einer drohenden oder laufenden Insolvenz. Allgemein sind Vermögenswerte in diesen Szenarien besonders günstig erhältlich. Erwirbt der Käufer das Unternehmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, können zwar die Schulden beim Verkäufer verbleiben, es ergibt sich jedoch ein Risiko: Reichen die Verkaufserlöse in Summe nicht aus, um die Gläubiger zu befriedigen, muss dennoch Insolvenzantrag gestellt werden. In solchen Fällen könnte der Insolvenzverwalter die Transaktion wegen Gläubigerbenachteiligung anfechten und die Assets zurückholen. Der Käufer erhält den Kaufpreis dann lediglich in Höhe der Insolvenzquote zurück.
Das zuvor genannt Risiko lässt sich ausschliessen, wenn der Unternehmenskäufer die Insolvenz abwartet. In diesem Fall wird der Asset Deal direkt mit dem Insolvenzverwalter abgewickelt. Allerdings hat das insolvente Zielunternehmen natürlich einen Makel und kann mitunter schwerer saniert werden. In bestimmten Szenarien kann dies aber dennoch hinnehmbar sein.
Weitere Vorteile beim Erwerb vom Insolvenzverwalter („übertragende Sanierung“) sind:
- Käufer haftet nicht für Arbeitnehmeransprüche, die vor Verfahrenseröffnung entstanden sind
- Vereinfachter Personalabbau durch insolvenzrechtliche Instrumentarien
- Bei Betriebsfortführung: keine Haftung für Altverbindlichkeiten (insbesondere rückständige Steuern)
Welche Auswirkungen hat ein Asset Deal auf Arbeitsverträge?
Neben materiellen Vermögensgegenständen können auch Arbeitsverträge Gegenstand eines Asset Deals sein. In diesem Fall ändert sich nicht nur der Gesellschafter des Unternehmens, sondern auch der Arbeitgeber. Damit gehen weitreichende rechtliche Folgen einher. Im Zentrum steht hierbei der § 613a BGB, welcher die Rechte und Pflichten beim Betriebsübergang regelt. Achtung: Dieser Paragraph greift auch dann, wenn im Kaufvertrag keine besonderen Vereinbarungen hinsichtlich der Arbeitsverträge getroffen wurden (siehe Folgeabschnitt).
Betriebsübergang beim Asset Deal: Was ist zu beachten?
Alle Vermögensgegenstände, die nicht im Unternehmenskaufvertrag gelistet sind, verbleiben im Rahmen des Asset Deals beim Verkäufer. Eine Ausnahme stellt jedoch das Arbeitsrecht dar: Im Falle eines Betriebsübergangs sorgt das BGB (§ 613a) dafür, dass beim Asset Deal sämtliche Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen. Dies geschieht automatisch und selbst dann, wenn hierzu keine vertragliche Regelung getroffen wurde. Teils bleibt dies vom Käufer zunächst sogar unbemerkt!
Wann ein Betriebsübergang vorliegt, ist im Einzelfall zu klären. Ist dies der Fall, so müssen die Arbeitnehmer informiert werden. Sie sind dann berechtigt, dem Betriebsübergang zu widersprechen, sodass ihre Arbeitsverhältnisse nicht auf den Käufer übergehen.
Übernahme von Kundendaten und Verträgen beim Asset Deal
Im Rahmen von Asset Deals können auch bestehende Verträge übertragen werden. Für Kunden des zu verkaufenden Unternehmens bedeutet dies, dass sie plötzlich einen neuen Vertragspartner haben. Aus Kundensicht ist dies jedoch nicht immer wünschenswert. Der Gesetzgeber hat daher einige Regelungen für die Vertragsübernahme geschaffen. So besagt § 415 BGB, dass Schuldübernahmen (= Vertragsübernahmen) nur wirksam sind, wenn der Kunde ausdrücklich zustimmt.
Zudem sind datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten, wenn der Kundenstamm (ganz oder teilweise) übernommen werden soll. Da hierbei personenbezogene Daten übermittelt werden, greifen die Regelungen der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO). So darf die Datenübertragung grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn eine wirksame Einwilligung des Kunden vorliegt. Da das Einholen dieser Einwilligung in der Praxis jedoch schwer umsetzbar ist, räumt die DSGVO für Asset Deals noch eine andere Möglichkeit ein: Die Weitergabe der Kundendaten darf erfolgen, wenn der Unternehmensverkäufer ein „rechtlich legitimes Interesse an der Weitergabe“ hat und „entgegenstehende Interessen der Betroffenen nicht überwiegen“.
Asset Deal bei Einzelunternehmen: Wo liegen die Besonderheiten?
Natürlich besteht in der Praxis nicht nur Interesse daran, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft zu übernehmen. Auch der Kauf von Einzelunternehmen ist denkbar. Da das Einzelunternehmen jedoch keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, ist auch kein Verkauf von Anteilen möglich. Der Asset Deal ist in diesem Fall also die einzig mögliche Transaktionsform. Die Wirtschaftsgüter werden hierbei rechtlich vom bisherigen Unternehmensträger (dem Einzelunternehmer) getrennt und dem Unternehmenskäufer zugeordnet. Ausserdem ist zu beachten, dass der Vorgang mit einem Inhaberwechsel einhergeht. Diese Änderung ist im Handelsregister einzutragen.
Asset Deal oder Share Deal?
Die Alternative zum Asset Deal ist der Share Deal, in dessen Rahmen Käufer alle (oder fast alle) Unternehmensanteile einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft übernehmen. Es besteht also nicht die Möglichkeit, einzelne Vermögensgegenstände gezielt auszuwählen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass der Erwerber beim Share Deal für Verbindlichkeiten des Verkäufers haftet. Die Bilanz des übernommenen Unternehmens bleibt unverändert bestehen.
Befindet sich das mittels Share Deal übernommene Unternehmen in einer wirtschaftlichen Krise oder gar kurz vor einer Zahlungsunfähigkeit, hat der Käufer die Pflicht, gegebenenfalls Insolvenz zu beantragen. In Krisensituationen ist der Share Deal somit nicht attraktiv. Bei gesunden Unternehmen ist er hingegen die beliebtere und auch häufiger genutzte Variante. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:
- Die Vertragsgestaltung ist deutlich schlanker (keine Detailauflistung von Assets notwendig).
- Es kann vertraglich geregelt werden, dass der Verkäufer auch für die erworbenen Vermögensgegenstände (Beschaffenheit und Bestand) haftet.
Chancen und Risiken mit „Due Diligence“ abwägen
Vor der Entscheidung zwischen Share Deal und Asset Deal sollte eine Due-Diligence-Prüfung stattfinden. Dieser Begriff stammt aus dem Geschäfts- und Rechtsjargon und steht für eine sorgfältige Prüfung. In Bezug auf Unternehmenskäufe bedeutet Due Diligence, dass das Zielunternehmen genau analysiert wird. Dies betrifft insbesondere die wirtschaftliche Lage, Haftungsrisiken und das steuerliche Abschreibungsvolumen.
Emre Cetin, Sales Executive
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